Globaler KI-Wettbewerb

Meilensteine im globalen KI-Wettbewerb und nationale Strategien

Tencent Hunyuan-T1 und DeepSeek V3.1:
Chinas Offensive im globalen KI-Rennen

Der Wettlauf um die technologische Vorherrschaft im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) beschleunigt sich weiter. Während lange Zeit US-amerikanische Anbieter – allen voran OpenAI, Google DeepMind und Anthropic – den Takt vorgaben, tritt China nun mit zunehmender Wucht auf.


Im Frühjahr 2025 hat Tencent mit Hunyuan-T1 (T1) ein neues, ultragroßes Sprachmodell präsentiert, das technologisch auf Augenhöhe mit den besten westlichen Systemen agiert. Nur wenige Monate später zieht Chinas KI-Vorreiter DeepSeek nach und stellt sein verbessertes V3.1-Modell vor.


Beide Modelle verdeutlichen: China will nicht nur aufholen, sondern eigene Standards setzen. Tencent und DeepSeek verfolgen dabei unterschiedliche, aber komplementäre Strategien – die eine stärker auf Skalierung und Integration, die andere auf Effizienz und Reasoning. Zusammen senden sie ein klares geopolitisches wie ökonomisches Signal: China ist bereit, im globalen KI-Wettlauf an vorderster Front mitzuspielen.

Die technischen Eckdaten von Hunyuan-T1

Architektur: Hybrid-Transformer-Mamba

Das Herzstück von T1 bildet eine neuartige Architektur, die den bewährten Transformer-Ansatz mit der Mamba-Struktur verbindet. Ergebnis: deutliche Speicher- und Effizienzgewinne. Unternehmen können so rechenintensive Anwendungen mit bis zu 256.000 Tokens Kontext verarbeiten, ohne den Energie- und Hardwareverbrauch westlicher Modelle.


Geschwindigkeit und Benchmarks

Mit einer um 200 % erhöhten Decodiergeschwindigkeit ist T1 besonders für geschäftskritische Anwendungen geeignet. Benchmark-Ergebnisse zeigen Bestwerte in Mathematik- und Programmieraufgaben, während das Sprachverständnis auf nahezu westlichem Top-Niveau liegt.


Zuverlässigkeit durch Reinforcement Learning

Ein Fokus von Tencent liegt auf der Minimierung von Halluzinationen – durch RLHF (Reinforcement Learning from Human Feedback) konnte die Fehlerquote deutlich gesenkt werden. Dies macht T1 besonders attraktiv für regulierte Branchen wie Finanzwesen, Recht und Medizin.

DeepSeek V3.1 - Effizienz, Reasoning, und Unabhängigkeit von US-Chips

Parallel zu Tencents Vorstoß hat DeepSeek im August 2025 sein V3.1-Modell vorgestellt. Technisch baut es auf dem universellen Sprachmodell V3 auf und integriert erstmals die Reasoning-Kompetenz des bisherigen Spezialmodells R1 direkt ins Kernmodell. Das bedeutet: V3.1 entscheidet selbstständig, wann es in einen „Denkmodus“ wechselt – ein erheblicher Fortschritt für anspruchsvolle Anwendungen.


Technische Spezifikationen von V3.1:

  • Parameteranzahl: 67,1 Mrd. (Mixture-of-Experts-Ansatz), mit 3,7 Mrd. aktiven Parametern pro Token
  • Architektur: Multi-head Latent Attention (MLA) und DeepSeekMoE
  • Trainingsdaten: 14,8 Billionen hochwertige Tokens
  • Kontextfenster: 128.000 Tokens – etwa zwei umfangreiche Fachbücher in einem Durchlauf


Leistungsfähigkeit und Effizienz

Im Vergleich zur R1-Generation steigert V3.1 die Effizienz um 20–50 %. Die Benchmark-Ergebnisse liegen auf Augenhöhe mit Chinas aufstrebendem Wettbewerber Moonshot AI, auch wenn Konkurrenzmodelle wie Qwen (Alibaba) punktuell besser abschneiden.


Entscheidend ist jedoch die strategische Dimension:

V3.1 wurde explizit für kommende chinesische Chips optimiert. In einer Zeit, in der der Einsatz von US-GPUs (wie Nvidias H20) durch Sanktionen, Preisgestaltung und politische Spannungen unter Druck steht, sendet DeepSeek damit ein unübersehbares Signal: China arbeitet an einer technologisch souveränen KI-Stack, bei der Software-Optimierung und Hardware-Entwicklung Hand in Hand gehen.

Tencents Vermarktungsstrategie: Preisaggressiv und kundenorientiert

Tencent positioniert T1 mit Kampfpreisen – 0,14 USD pro 1 Mio. Input-Tokens und 0,56 USD für Output-Tokens – und macht damit KI-Leistung für ein breites Spektrum an Unternehmen erschwinglich.



Bemerkenswert ist der „Dual Core“-Ansatz: Auf Tencents Plattform Yuanbao laufen T1 und DeepSeek R1 parallel. Nutzer erhalten die Wahl, je nach Anwendungsfall Geschwindigkeit, Stabilität oder tiefes Reasoning zu priorisieren. Tencent integriert T1 zudem in sein gesamtes Service-Ökosystem (WeChat, Tencent Meeting, Games, Docs, Cloud).

Der KI-Wettlauf in China: Strategien im Überblick

Chinas KI-Ökosystem wird immer vielschichtiger:


  • Tencent (T1): Integration in ein riesiges Consumer- und Business-Ökosystem
  • DeepSeek (V3.1): Optimierung auf Effizienz und chinesische Chips, Integration von Reasoning und genereller KI
  • Alibaba (Qwen): Fokus auf multimodale Fähigkeiten, Cloud-Integration
  • Baidu (Ernie): Sprachverarbeitung und Suchmaschinen
  • Bytedance (Goku): Medien und Content-KI


Gemeinsam zeigen diese Entwicklungen: China verlässt die Rolle des Imitators. Die neuen Modelle entstehen nicht mehr als Kopien westlicher Systeme, sondern setzen eigene technologische und strategische Akzente.

Disruption und geopolitische Dimensionen

Geschäftsmodelle im Umbruch:

KI wird zur Plattformtechnologie für sämtliche Branchen: von Industrie (digitale Zwillinge, Supply Chains) bis Forschung (Simulationen in Chemie und Biotech).


Arbeitsmarkt unter Druck:

Besonders Wissensarbeit – Analyse, Recht, Finanzberatung – wird durch Modelle wie T1 und V3.1 transformiert. Unternehmen müssen Kompetenzen in Mensch-Maschine-Kollaboration entwickeln.


Geopolitik und technologische Souveränität:

Die Optimierung von DeepSeek V3.1 für chinesische Chips zeigt, dass KI unmittelbar zum strategischen Instrument nationaler Politik avanciert. Die US-Versuche, Chinas Abhängigkeit durch limitierte Chips zu vergrößern, stoßen auf Gegenstrategien: Der Aufbau einer autarken Hardware- und KI-Industrie. Für europäische Unternehmen entsteht hier eine neue Realität: globale Märkte sind zunehmend auch geopolitisch regulierte Räume.

Was die nächsten Jahre bringen

Die gleichzeitige Veröffentlichung von Tencent T1 und DeepSeek V3.1 markiert einen Wendepunkt. Absehbar ist:

  • Industrialisierung von KI-Anwendungen – von Forschung zu massentauglichen Produkten
  • Multimodalität – Sprache, Bilder, Videos und Sensorik zugleich
  • Hardware-Souveränität in China – tiefe Optimierung von Software auf chinesische Chips
  • Neue Wettbewerbsdynamiken – europäische Unternehmen müssen sich zwischen US- und China-Modellen positionieren

Fazit - Impulse für den Mittelstand

Für den Mittelstand im deutschsprachigen Raum bedeutet dies:

  • Offen sein für neue Anbieter: Auch chinesische Modelle könnten in Cloud- und Plattformstrategien relevant werden.
  • Proaktive Anpassung: Prozesse, die durch KI vereinfacht oder automatisiert werden können, gehören jetzt auf den Prüfstand.
  • Technologische Diversifizierung: Eine Balance zwischen US- und China-Anbietern mindert Abhängigkeiten.
  • Kompetenzaufbau: KI wird ein normales Werkzeug des Arbeitsalltags.


Mit Hunyuan-T1 und DeepSeek V3.1 könnte China die Spielregeln des KI-Marktes neu definieren. Für Europa gilt: Nicht nur zuschauen, sondern aktiv mitgestalten.

In einer Beratung begleiten wir Sie auf dem Weg zu einer passenden KI-Strategie und darüber hinaus.

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