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Think of Tomorrow - Blog zur nachhaltigen Unternehmensführung

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Über den Begriff der Nachhaltigkeit – aus politischer Sicht und aus Sicht der Regulierung

Nachhaltigkeit wird künftig zu einer verpflichtenden Vorgabe bei der Unternehmensführung. Der Themenkomplex ist dabei so umfangreich und tiefgreifend, dass daraus auch unmittelbar eine strategische Bedeutung für die Unternehmensführung resultiert.


Auslöser sind sowohl ökologische als auch soziale Bedrohungsszenarien, mit denen sich unsere Gesellschaft bereits heute und in naher Zukunft immer deutlicher konfrontiert sieht. Abgesehen davon, dass es Aufgabe der Politik ist, die gesellschaftliche Entwicklung zu moderieren und zu regeln, hat sie überdies auch ein erhebliches Eigeninteresse an der Regulierung der Nachhaltigkeitsaspekte innerhalb der Wirtschaft, da bei fortschreitenden Verwerfungen mit politischen Unruhen zu rechnen ist, die sich teilweise bereits am Horizont abzeichnen.


Wer jetzt nur an CO2 denkt, unterschätzt die Tragweite des Nachhaltigkeitsbegriffs. Zwar wurde bereits mit dem „Klimapakt von Glasgow“ der Ausstieg aus der Kohleverbrennung sowie das Ziel – deutlicher als im Pariser Klimaabkommen formuliert – die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter beschlossen; insgesamt sollen die globalen Treibhausgasemissionen auf 45 Prozent im Vergleich zu 2010 gedrosselt werden. Der sog. Green Deal der EU zielt gar darauf ab, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Die Folgen aus dieser Politik sind die Abschmelzung staatlicher Subventionen von fossilen Energiequellen und gleichzeitig der Aufbau regenerativer Energiequellen. Außerdem sollen die Industrieländer jährlich 100 Mrd. Doller für den Klimaschutz bereitstellen – so sieht es der „Glasgower Beschluss“ zumindest vor. Zumindest in diesem Punkt entpuppt sich der „Klimapakt von Glasgow“ als zahnloser Papiertiger.


Die 2030-Agenda spannt einen Bogen epischen Ausmaßes über die Gesellschaft der Industrienationen (als die Akteure) und die Gesellschaft der Schwellenländer sowie die Natur (als die Betroffenen).


Im September 2015 hat die UN insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele (SGDs) verabschiedet, aus denen sich thematische und zeitliche Koordinaten für die Abstimmung der Weltgemeinschaft ableiten lassen. Auf dieser Basis soll künftig die globale politische Willensbildung durch den Aspekt der Nachhaltigkeit reguliert werden, wobei das Wohlergehen der Menschheit und des Planeten im direkten Zusammenhang stehen. An diesen 17 globalen Zielen orientiert sich seit 2016 auch die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Am 10. März 2021 hat das Bundeskabinett deren Weiterentwicklung beschlossen. In der deutschen Strategie bilden die Aspekte Wirtschaft – Soziales – Umwelt das Zieldreieck der Nachhaltigkeit. Daraus leiten sich diverse Unterziele ab, wie etwa das nachhaltige Bauen, die Verkehrswende, oder die schadstofffreie Umwelt.


Um diese Nachhaltigkeitspolitik nun auch auf Unternehmensebene greifbar zu machen, bedarf es konkreter Kriterien und Messgrößen, mit denen sich die Nachhaltigkeit – und somit auch der Umsetzungsgrad der Regulierung – auf Ebene eines jeden einzelnen Unternehmens messen lässt. Das gelingt am besten durch eine systematische Verknüpfung von SGDs, Maßnahmen Indikatoren und Zielen. Um einer etwaigen Regulierung die erforderliche Wirkung zu verleihen, werden i. d. R. durch Vorschriften und Gesetze konkretisiert.


So gilt ab 2023 das sog. Lieferkettengesetz, womit in Deutschland ansässige Unternehmen verpflichtet werden, wiederum ihre Lieferanten und deren Lieferanten (also die Lieferkette) auf die Einhaltung von Menschenrechten zu verpflichten. Im Vordergrund stehen insbesondere Sklaven- und Kinderarbeit als besonders schwere Menschenrechtsverletzungen. Aus Sicht der Unternehmenssteuerung zählt das Thema zur Rubrik „Vendor Compliance Management“ und gehört – je nach Organisationsstruktur – in den Verantwortungsbereich des Chief Compliance Officer, des Risk Managements, oder der Geschäftsführung.


Das Lieferkettengesetz ist nur ein Beispiel, wie sich globale Nachhaltigkeitsziele auf Unternehmen in Deutschland auswirken. Für Umsetzung einer nachhaltigen Unternehmensführung wurde der ESG-Kriterienkatalog entwickelt, der sowohl Umwelt- als auch Sozial- und Governance-Aspekte berücksichtigt und künftig auch bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle eine Rolle spielen dürfte.


Die ESG-Kriterien werden seit 2006 in der Finanzwirtschaft angewendet, insbesondere bei der Prüfung von Investmententscheidungen auf ihre ökologische und gesellschaftliche Vertretbarkeit. Im Assetmanagement spricht man unter Berücksichtigung der ESG-Kriterien auch von nachhaltigen Kapitalanlagen. Die stärkste Ausprägung findet sich schließlich in den sog. ESG-Anlagestrategien. Vermögenswerte, die dem Prinzip der Nachhaltigkeit nicht entsprechen, werden in der Finanzwirtschat als „stranded Assets“ bezeichnet, weil ihnen in einer nach ESG-Kriterien regulierten Wirtschaft kaum noch Ertragskraft zugesprochen wird; stranded Assets werden folglich verkauft, oder irgendwie aus dem Anlageportfolio entfernt. Das mag zwar eine richtende Wirkung auf die Wirtschaft insgesamt haben, allerdings sind hiermit auch unweigerlich Jobverluste in großem Ausmaß zu erwarten, mit allen sozialen Folgen, die sich daraus ergeben.

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